kinderwunsch

 

UNGEWOLLT KINDERLOS & FRUCHTBARKEITSSTÖRUNGEN

Erst wenn nach zwei Jahren mit regelmäßigem, ungeschützten Geschlechtsverkehr keine Empfängnis stattgefunden hat, leidet ein Paar nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an einer „sterilen Partnerschaft".

Familienplanung und Verhütung sind heutzutage so selbstverständlich, dass viele Paare glauben, nach dem Absetzen der „Pille" oder anderer Verhütungsmethoden würde sich sofort die gewünschte Schwangerschaft einstellen. Doch oftmals passiert erst einmal gar nichts. Manche Paare warten bis zu einem Jahr auf die ersehnte Schwangerschaft.

Dies ist kein Grund zur Beunruhigung - erst wenn nach zwölf Monaten mit regelmäßigem, ungeschützten Geschlechtsverkehr keine Empfängnis stattgefunden hat, leidet ein Paar nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an einer „sterilen Partnerschaft".
Die monatliche Fruchtbarkeitsrate beträgt bei Frauen im Alter von 20-30 Jahren 25%, bei Frauen im Alter über 35 Jahren schon weniger als 10%. 

In Deutschland sind etwa 15% aller Paare von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen - die Dunkelziffer liegt aber weitaus höher. In den meisten Fällen handelt es sich nicht um eine vollständige Unfruchtbarkeit, sondern um eine mehr oder weniger ernsthafte, aber vorübergehende Fruchtbarkeitsstörung.

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Paaren, die überhaupt nicht schwanger werden – das nennt man Primäre Sterilität oder Unfruchtbarkeit – und solchen, die zwar schwanger waren – u.U. auch mit Geburt eines gesunden Kindes – und danach nicht mehr schwanger werden konnten – dies wird als sekundäre Sterilität bezeichnet. Dann gibt es noch Paare, die zwar schwanger werden, aber die Schwangerschaften immer wieder durch Fehlgeburten verloren haben und nicht bis zur Geburt eines lebensfähigen Kindes austragen konnten. Dies bezeichnen wir als Infertilität.

In vielen Fällen erleben Paare eine ausbleibende Schwangerschaft oder den Verlust eine Schwangerschaft durch eine Fehlgeburt als große Krise. Nach außen wird das Problem meist verschwiegen, denn die ungewollte Kinderlosigkeit ist nach wie vor ein Tabuthema, das mit starken Minderwertigkeitsgefühlen behaftet ist. Frauen stellen sich in Ihrem Selbstwert in Frage, Männer sehen ihre Männlichkeit in Zweifel gezogen. Dabei sind EierstöckeGebärmutter und die Hoden des Mannes Organe wie Herz, Lunge und Leber. Niemand würde sein Selbstwertgefühl als Mann oder Frau in Frage stellen, weil z.B. die Lunge nicht gut funktioniert und man an Asthma leidet.

ABKLÄRUNG VON FRUCHTBARKEIT UND DIAGNOSTIK

Wichtig ist in erster Linie eine Abklärung der Fruchtbarkeit, also eine Diagnostik der Organe, welche für das Eintreten einer Schwangerschaft unverzichtbar sind. 

Bei Unfruchtbarkeit können mit Hilfe von Ultraschall-Untersuchungen (z.B. Eileiterdurchgängigkeitsprüfung) mögliche Ursachen abgeklärt werden.

Ganz am Anfang steht die Anamnese, also die Erhebung der Krankengeschichte. Die Ärztin wird mit der Patientin bzw. dem Patientenpaar viele einzelne Fragen beantworten, z.B. wie lange der Menstruationszyklus, wie fallen die Blutungen aus, gibt es Menstruationsschmerzen und vieles mehr.
Nach der Anamnese erfolgt die gründliche Überprüfung des Hormonellen Systems, um unter anderem, auch Störungen der Schilddrüse oder der männlichen Hormonsekretion erfassen und behandeln zu können.

Die eigentliche Zyklusüberwachung beginnt allgemein zwischen dem 3. und 5.Tag nach Eintritt der Menstruation mit Hilfe der Ultraschalluntersuchung und einer Blutuntersuchung. In Abhängigkeit von der hormonellen Ausgangssituation ergibt sich dann das weitere Vorgehen, wobei das Ziel darin besteht, nach Vorliegen herangereifter Follikel den Eisprung genauer bestimmen und so das Optimum für die Befruchtung benennen zu können. Bei Patientinnen mit nur geringen Störungen ist es hierdurch bereits möglich, eine Schwangerschaft zu erzielen.

Eine wichtige Bedingung für den Eintritt einer Schwangerschaft ist die Funktion der Eileiter. Diese müssen das Ei nach dem Eisprung aufnehmen, damit die Befruchtung durch eine Samenzelle noch im Eileiter stattfinden kann. Danach wird die befruchtete Eizelle mit den Zellteilungen beginnen, sie wird dann schon als Embryo bezeichnet. Nun muss der Eileiter den Embryo in den nächsten fünf Tagen in die Gebärmutterhöhle transportieren, damit er sich dort einnisten und zum Kind heranwachsen kann.
Zur Überprüfung der Eileiterfunktion stehen verschiedene Methoden zur Verfügung.

Die Eileiterdurchgängigkeitsprüfung mittels Kontrastmittel und Ultraschall ist eine weitestgehend schmerzfreie Methode, die eine Aussage darüber erlaubt, ob die Eileiter durchgängig sind oder nicht. Der Eingriff wird ambulant durchgeführt und sollte im Allgemeinen wenige Tage vor dem zu erwartenden Eisprung erfolgen, da dann der Gebärmuttermund für die Einführung des Kontrastmittelkatheters in die Gebärmutter geöffnet ist. Alternativ gibt es auch endoskopische Methoden, z.B. die Bauchspiegelung, welche die Betrachtung der Eileiter in der Bauchhöhle und des Bauchfells erlaubt. Diese Untersuchung wird meist in Narkose vorgenommen. Welche Untersuchung im Einzelnen angezeigt ist, hängt sehr von den Befunden der einzelnen Frau ab. Patientinnen können sich dazu von ihrer Frauenärztin beraten lassen. 

Ebenfalls ganz am Anfang steht die Untersuchung der männlichen Samenflüssigkeit (Ejakulat). Dabei wird unter dem Mikroskop geprüft, wie viele Samenzellen im Ejakulat vorhanden sind, wie sie Samenzellen sich bewegen und wie die Formen der Samenzellen (Spermien) ausgebildet sind. .
Neben der Untersuchung des Ejakulates wird auch die Untersuchung des Mannes durch einen Andrologen empfohlen. Dieser untersucht die männlichen Geschlechtsorgane auf das Vorliegen einer behandelbaren Störung, z.B. chronische Infektionen oder Krampfadern am Hoden. Die Frauenärztin kann Ihnen gerne einen spezialisierten Urologen für diese Untersuchung empfehlen.

Nach dem Vorliegen der ersten Befunde werden Sie zu einem erneuten Gespräch eingeladen, bei dem die erhobenen Befunde besprochen werden. Gleichzeitig wird  gemeinsam mit der Patientin ein weiterer Diagnostik- und Therapieplan entwerfen. Dabei sollen Sie Ihre Vorstellungen und Bedürfnisse unbedingt einbringen.

Die Schlussfolgerungen aus den so erhobenen Befunden können sehr unterschiedlich sein. Häufig zeigt sich, dass die für den Eintritt einer Schwangerschaft bedeutsamen Organe gut funktionieren. Die Paare können dann weiter versuchen ohne medizinische Maßnahmen auf natürlichem Wege schwanger zu werden und häufig gelingt dies auch.

Bei anderen Paaren genügen kleine Korrekturen des endokrinen Systems (Hormonelle Regulierung), z.B. der Ausgleich einer leichten Schilddrüsenunterfunktion oder die Hemmung einer überschießenden Ausschüttung männlicher Hormone, um einen natürlichen Schwangerschaftseintritt zu ermöglichen.
In manchen Fällen kann sich aus den Befunden auch die Notwendigkeit für weitere Spezialuntersuchungen, z.B. eine humangenetische Untersuchung oder eine Analyse der Blutgerinnungsfunktionen, oder für Operationen an der Gebärmutter, den Eierstöcken oder Eileitern ergeben.

Die individuellen Fallkonstellationen sind so vielfältig, dass sie hier nicht alle beschrieben werden können.   

Im Folgenden sollen einige typische Behandlungsmethoden dargestellt werden, die je nach Befundkonstellation angeboten werden können:

Die Samenübertragung (Insemination)

Die In Vitro Fertilisierung / Embryo-Transfer (IVF)

Die Spermien-Mikroinjektion (ICSI)

Die Schwangerschaftsrate beträgt je nach Behandlungsart und Alter der Frau bis zu 45 % pro Zyklus. Viele Patientinnen benötigen also mehr als einen Behandlungszyklus und werden vielfach erst nach mehrfacher Behandlung schwanger. Die kumulative Schwangerschaftsrate – also die Schwangerschaftsrate nach mehreren Behandlungen kann bis zu 90% der behandelten Paare bzw. Frauen betragen.

MÖGLICHE KOMPLIKATIONEN EINER KINDERWUNSCHBEHANDLUNG

Eierstocküberreaktion

Mehrlingsschwangerschaften

Eileiterschwangerschaft, Fehlgeburt

Fehlbildungen

ETHISCHE GRUNDSÄTZE UND RECHTLICHE SITUATION

Bei einer Kinderwunschbehandlung muss vonseiten des Paares und des behandelnden Arztes stets das Wohl des möglicherweise entstehenden Kindes im Mittelpunkt jeglichen Handelns stehen.
Bei der Betrachtung der rechtlichen Situation in Deutschland muss zwischen Strafrecht, ärztlichem Standesrecht und Kassenrecht unterschieden werden.

Strafrecht

Die strafrechtlichen Aspekte sind in erster Linie im Embryonenschutzgesetz festgelegt.

Ärztliches Standesrecht

Beim ärztlichen Standesrecht, das letztlich von den einzelnen Landesärztekammern abhängt, kann es zwischen den einzelnen Bundesländern Unterschiede geben. Von den Ärztekammern sind in erster Linie ethische Grundsätze und Vorbedingungen festgeschrieben. Weiterhin legen die Ärztekammern fest, wer die fachliche Qualifikation zur Durchführung der geschilderten Maßnahmen besitzt.

Qualitätssicherung

Die in Deutschland ermächtigten Ärzte für Reproduktionsmedizin nehmen freiwillig an qualitätssichernden Maßnahmen teil. So gut wie alle durchgeführten IVF- und ICSI-Zyklen werden in anonymisierter Form dem Deutschen IVF-Register (D.I.R.) gemeldet. Die Auswertungen des Registers tragen dazu bei, dass über die Jahre wertvolle Erkenntnisse gesammelt werden konnten, die über die Erfahrungen eines Zentrums hinaus verallgemeinerbar sind.

Krankenkassenrecht

Das Sozialgesetzbuch V regelt in den §§ 27 und 27a („Künstliche Befruchtung“) sowie in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen unter welchen Voraussetzungen die Krankenkassen für welche Form der Kinderwunschbehandlung aufkommen müssen.
Wenn es medizinisch sinnvoll und aussichtsreich erscheint und vom behandelnden Zentrum ein Behandlungsplan erstellt worden ist, werden von den gesetzlichen Krankenkassen generell 50% der Kosten übernommen für bis zu

  • 8 Inseminationen im normalen oder optimierten Zyklus
  • 3 Inseminationen im stimulierten Zyklus
  • 3 IVF-Zyklen ODER

3 ICSI-Zyklen, wobei der 3. Therapiezyklus nur gewährt wird, wenn während der ersten beiden Behandlungszyklen eine klinische Schwangerschaft eingetreten ist.

Einzelne Krankenkassen übernehmen als Satzungsleistungen auch mehr als die gesetzlich festgelegten 50% der Behandlungskosten. Das kann bei manchen Krankenkassen bis zu einer vollständigen Erstattung der Behandlungskosten führen.

Während die Kosten für die Entnahme von Hodengewebe zur (späteren) Gewinnung von Samenzellen (testikuläre, Spermienextraktion; TESE) zur Hälfte von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, sind die Kosten der TESE selbst in vollem Umfang von den Patienten zu tragen.
Voraussetzungen für die Erstattung sind:

  • die geplante Behandlung muss Aussicht auf Erfolg haben
  • das Paar muss miteinander verheiratet sein
  • Frau und Mann dürfen bei Behandlungsbeginn nicht jünger als 25 Jahre, die Frau nicht älter als 40 und der Mann nicht älter als 50 Jahre sein
  • bei beiden Partnern muss das Ergebnis einer HIV-Untersuchung vorliegen
  • Rötelnschutz bei der Frau muss vorhanden sein
  • eine Bescheinigung über ein umfassendes Beratungsgespräch durch einen speziell berechtigten Arzt außerhalb des Zentrums und der von der gesetzlichen Krankenkasse genehmigte Behandlungsplan mit Kostenschätzung müssen vorliegen.

Für die anteilige Erstattung der

  • Insemination im stimulierten Zyklus
  • IVF oder
  • ICSI

muss eine Überweisung von beiden Partnern an das Zentrum vorgelegt werden.

Bei einer ICSI muss der Patient eine Bescheinigung über eine erfolgte andrologische Untersuchung (kein Spermiogramm) vorlegen.

Zu den Besonderheiten der Abrechnung der Kinderwunschbehandlung bei privaten Versicherern und bei sogenannten gemischt versicherten Paaren finden Paare - neben der Information durch das behandelnde Zentrum - wichtige Angaben auf den Internetseiten des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e. V.: www.pkv-contra-kinderwunsch.de.